Neue Leute sind ziemlich beängstigend, nicht wahr? Das Problem ist, dass man sie nicht kennt. Vielleicht sind sie intelligenter, cleverer und wohlhabender als du. Vielleicht hast du ihnen nichts zu sagen oder sie könnten denken, dass du laaaangweilig bist.
Vielleicht auch nicht!
Ändere deine Meinung
Denke über folgend radikale Idee nach: Neue Leute kennen zu lernen ist nicht beängstigend. Das einzige was dir Angst macht, ist was du darüber denkst, neue Leute zu treffen.
Kommt dir das bekannt vor? Es ist eine alte stoische (unerschütterliche) Philosophie, die Shakespeare in Hamlet schön ausgedrückt hat:
„Es gibt nichts Gutes oder Schlechtes, aber das Denken macht es dazu.„
William Shakespeare
Das bedeutet, dass wir unsere Gefühle externen Faktoren zuschreiben, aber es ist wirklich nur unser eigener Verstand, der die Macht hat uns zu bedrücken. Nehmen wir zum Beispiel diese gemeinsame Sorge:
„Ich habe Angst davor, die Freunde meiner Schwester zu treffen, weil sie alle erfolgreicher sind als ich.“
Wenn wir dies umformulieren würden, kann es auch so klingen:
„Ich habe Angst davor, die Freunde meiner Schwester zu treffen weil ich glaube, dass ihr Erfolg sie besser macht als mich.“
Merkst du den Unterschied? Ihr Erfolg hat keinen Einfluss darauf, wie du dich fühlst!
Es ist deine Bewertung ihres Erfolgs, die dich verärgert.
Ergib dich nicht der Einbildung
Du kannst zwar nicht den Erfolg anderer Menschen (oder irgendeine ihrer Eigenschaften) kontrollieren -> Deine eigenen Gefühle darüber, aber schon.
Mache eine Liste all der Dinge, die dir Angst dabei machen neue Leute zu treffen und formuliere diese Liste stoisch (auf unerschütterlicher Weise) um, indem du dich fragst was diese beängstigenden Dinge deiner Meinung nach bedeuten.
Hier sind noch einige Beispiele:
Aus „Freunde von Freunde schüchtern mich ein, weil ich nichts zum Anziehen habe“ wird „Ich habe Angst davor, neue Leute zu treffen, weil ich glaube, dass sie mich werten werden wenn ich nicht gut aussehe“.
Aus „Ich treffe nicht gerne Fremde, weil sie mir Fragen über mich selbst stellen“ wird „Ich mag es nicht über mich selbst zu sprechen, wenn ich neue Leute treffe“.
Indem du deine selbstzerstörerischen Ängste auf diese Weise umformulierst, entweder mental oder auf dem Papier, kannst du beginnen Verantwortung für dein eigenes Glück zu übernehmen.
Deine Erfahrung neue Menschen zu treffen wird nicht mehr dadurch bestimmt wem du begegnest, sondern durch deine eigenen Gedanken über diese Menschen und Situationen.
Egal wie unangenehm sich diese Erkenntnis am Anfang auch anfühlt, sie ist unglaublich ermächtigend, wenn man sich erst einmal damit auseinandergesetzt hat.
Komm aus dir heraus
In Filmen tummeln sich die Leute in Nachtclubs wie Bienen in einem Bienenstock und scherzen in der Umkleidekabine herum, als ob es die natürlichste Sache der Welt wäre. Jedoch haben allein schon bis zu 5 % der Menschen eine ausgeprägte Sozialphobie.
Im Jahr 2009 dokumentierten die Psychologen Graham Russell und Steve Shaw bei 10% der Universitätsstudenten klinisch signifikante Diagnosen sozialer Ängste. Das ist nicht gerade die Geschichte der wilden Erstsemester die man mit 18 Jahren verkauft bekommt, oder?
Lass also deine Vorurteile zu Hause wenn du dich auf den Weg machst um neue Menschen zu treffen, denn die Chancen stehen gut, dass du mehr mit ihnen gemeinsam hast, als du denkst.
Ignoriere die “Mobber”
Was auch immer du tust, scheue nie davor zurück neue Leute kennenzulernen, sonst erliegst du einem Teufelskreis.
Je mehr du dich diesem Unbehagen entziehst, desto mehr werden deine sozialen Fähigkeiten nachlassen, was die Begegnung mit neuen Menschen beängstigender macht und dich noch mehr dazu drängt, sich diesem Unbehagen zu entziehen.
Der Rationalpsychologe Steve Hayes erklärt den Kreislauf, indem er deine Gedanken als Mobber oder genauer gesagt als die betrunkenen Idioten in der letzten Reihe des Busses den Du fährst, begreift.
Sie sind groß und furchterregend und schreien einem ständig Anweisungen entgegen, drohen einem wehzutun, wenn man nicht tut was sie sagen.
Genau das tust du also, wenn du glaubst dass etwas Schlimmes passieren wird, wenn du nicht folge leistest.
Aber je mehr du tust was diese Tyrannen sagen, desto mehr Macht gibst du ihnen und so diktieren sie dir, wie du dein Leben lebst.
Leider wirst du die Mobber im der letzten Reihe des Busses nicht los. Alles, was du tun kannst, ist ein Risiko einzugehen und trotzdem zu fahren. Wenn du das nächste Mal Angst davor hast was passieren könnte, wenn du neue Leute kennenlernst, mach dir eine mentale Notiz mit ein paar Dingen:
-> Du hast Angst vor den unbegründeten Drohungen deiner mobbenden Gedanken,
nicht vor der Situation.
-> Du kannst die Situation nicht verbessern indem Du Dir selbst versicherst, dass die Bedrohungen nicht real sind. Das funktioniert nicht!
-> Akzeptiere, dass die Gedanken wahr sein könnten – die Leute könnten denken, dass Du langweilig/hässlich/dumm bist, und trotzdem fährst du den Bus.
Beschreibe deine Empfindungen
„Das ist alles schön und gut“, könnte man sagen, „aber was ist mit den körperlichen Symptomen der Angst? Manchmal fühle ich mich durch sie wie gelähmt.“
Da hast du absolut Recht.
Angst zu tolerieren ist eine Sache dennoch ihre körperlichen Auswirkungen – Kurzatmigkeit, Muskelverspannungen, Übelkeit – sind manchmal so stark, dass der ganze kognitive Kram (erkennende, denkende Wahrnehmung) aus dem Fenster fliegt.
Achte darauf was passiert wenn du anfängst, dich ängstlich zu fühlen. Sagt dein Verstand Dinge wie: „Warum atme ich so schnell?“, „Ich habe das Gefühl, mein Herz wird explodieren“, „Was, wenn ich ohnmächtig werde?“ Dies sind gängige Analysen die wir über die körperlichen Empfindungen von Angst machen und sie tun nichts anderes, als die Unannehmlichkeiten aufrechtzuerhalten.
Versuche daher, die Empfindungen einfach so zu versachlichen wie deren Auswirkung sind.
Wenn du das Gefühl hast, dass Dein Herz in deiner Brust pocht, sage:
„Herzfrequenz erhöht“.
Wenn du spürst, dass deine Handflächen feucht werden, sage:
„schwitzende Handflächen“ usw….,
weil wenn du dich weigerst: sie zu analysieren, zu viel Aufmerksamkeit zu geben oder ihren Schweregrad zu beurteilen; -> sondern sie einfach nur wahrnimmst und etikettierst, dann gibst du unangenehmen Empfindungen keine unnötige Kraft.
Du wirst sie zwangsläufig nicht verbessern, doch wirst du sie auch nicht verschlimmern.
Verändere deinen Fokus!
Entspanne dich
Menschen mit Symptomen von sozialer Angst, können von verschiedenen Entspannungstechniken profitieren.
Einer meiner Favoriten ist die Körperwahrnehmung, die du regelmäßig zu Hause praktizieren kannst -> um zukünftig deinen Geist auf die Wahrnehmung zu fokussieren, anstatt auf den angstauslösenden Monolog in deinem Kopf.
Lege oder setze dich hin.
Atme leicht und natürlich. Konzentriere dich nicht zu sehr darauf, zu versuchen, auf eine bestimmte Weise zu atmen.
Konzentriere dich auf deinen Kopf, achte darauf, wie er sich anfühlt. Spanne deine Schläfen und Augenbrauen für fünf Sekunden an. Achte darauf, wie sich das anfühlt. Dann entspanne dich.
Richte Deine Aufmerksamkeit auf deine Hände. Wie fühlen sie sich an? Nimm die Empfindungen wahr. Fühlen sich die Finger schwer an? Balle sie zu Fäusten und entspanne dich.
Versuche das mit jedem Teil deines Körpers, indem du den Prozess des Wahrnehmens, Anspannens und Entspannens wiederholst.
Wenn du das einige Male geübt hast, kannst du die Übung nach Belieben verkürzen und Bereiche weglassen.
Du kannst in verschiedenen Umgebungen experimentieren: im Zug, beim Gehen auf der Straße, am Esstisch.
Irgendwann wirst du instinktiv in der Lage sein, diese diskrete Form der Entspannung dann zu nutzen, in den Momenten wenn du sie am meisten brauchst.
Begegne
Mit deiner neuen „Busfahrer-Mentalität“ und deinen Entspannungstechniken kannst du beginnen, deine Toleranz gegenüber bedrohlichen Gedanken in die Praxis umzusetzen.
Fange an, zwanglos mit Fremden zu interagieren: Verwickle Verkäufer in banalen Gespräche über das Wetter, sage „Gesundheit“ zu Niesern, sage der Barkeeperin, dass dir ihre Schuhe, ihr Akzent oder ihre Haare gefallen.
Wenn dieses belanglose Geplaudere dich ängstlich macht, ist das nur ein Bonus – es wird dir helfen, dich an die real empfundene, aber letztlich irrationale Angst vor sozialer Interaktion zu gewöhnen.
In Oliver Burkemans Buch „The Antidote“, in dem viel Wert darauf gelegt wird, das Unbehagen im Leben zu akzeptieren, anstatt davor zu fliehen, starrt Burkeman seine mobbenden Gedanken auf spektakuläre Weise nieder.
Während der Fahrt zur Hauptverkehrszeit auf der Londoner Central Line (der verkehrsreichsten U-Bahn-Linie der Stadt) ruft er den Namen jeder Station, wenn der Zug anhält. Seine Handflächen schwitzen und er zittert, weil er Angst davor hat, was die Leute von ihm denken werden.
Merkwürdigerweise stellt er fest, dass seine Mitpendler kaum reagieren. Ein paar Leute werfen ihm seltsame Blicke zu, aber das war’s auch schon. Nachdem er das Risiko eingegangen war, dass seine mobbenden Gedanken wahr sind und dass etwas Schlimmes hätte passieren können, wagte er den Sprung und stellte fest, dass ihre Drohungen leer waren.
Mach es wie Burkeman und stürze dich in unbequeme soziale Situationen, wie ein Ritter zu Pferd und beiße die Zähne zusammen.
Sicherlich wird es schwierig sein, nur niemand hat je Gitarre spielen gelernt, ohne sich die Finger kaputt zu machen.